Welttreffen in Spanien? Schafft das eine Ente überhaupt? Diese Frage stellte sich ein Düsseldorfer Enthusiast, nahm sich ein paar Tage Zeit und probierte es aus.
Westeuropa-Umrundung
Das Auto: 2 CV 6, Bj.: 1987. Pilot: Enno Senger vom „Düssel-Ducks 2CV Club“ aus Düsseldorf. Reiseplanung: Möglichst viel auf Land- und Nebenstraßen erleben, Düsseldorf – Loiretal – Französische Atlantikküste – Küste Nordspanien – Portugal – Südküste Spanien – Küste Südfrankreich und zurück nach Düsseldorf. Sonderaus-rüstung für die Ente: Eine Auto-Navigation. Start: 17.07.2012 bei km-Stand 79.660.
Erste Tagesetappe: Düsseldorf – Laon (F).
Schon am zweiten Tag, gleich morgens um 8:30 Uhr ein großer Bumms. Ein Franzose war hinten auf die Ente aufgefahren; kapitaler Blechschaden. Zack! Urlaub zu Ende? Was für ein Drama. Hilfeersuchen bei ADAC-Frankreich, die funktionierten erstklassig mit Rat und Tat und lotsten mich zu einer großen nahegelegenen Citroen-Werkstatt. Dort wurde mir charmant und freundlich jedoch bedauernd beim Cafe beschieden: »Auf eine Reparatur von einem Döschwo sind wir nicht eingerichtet, das dauert mindestens vier Wochen!« Sie halfen mir dennoch (kostenlos!) provisorisch. Also habe ich die 2-CV-Werkstatt von Stephan Schumacher in Neuss angerufen und um Soforthilfe gebeten. Eilmarsch zurück nach Düsseldorf, abends um 7 Uhr stand ich angsterfüllt in der Werkstatt. Kann ich weiter fahren? »Provisorische Reparatur, das kriegen wir hin!« Nun schnellstens erledigen: Meldung an Rechtsschutz-Versicherung und DEKRA-Interessenvertretung; einen Rechtsanwalt einschalten und einen TÜV-Gutachter bestellen. Sogleich nach der Schadenaufnahme begann die provisorische Reparatur. Stephan Schumacher stand mit einem dicken Vorschlaghammer und einem Kantholz im offenen Auto und trieb das eingebeulte Heck wieder nach außen. Heckklappe, Stoßstange und Nummernschild glatt treten, Heckleuchten aufsetzen, etwas Spachtel und etwas Lack, die Ente war wieder verkehrstauglich.
Am 22.07. startete ich zum zweiten Mal.
Diesmal kam ich unbeschädigt an Laon vorbei, für mehrere Tage Quartier genommen im Loiretal und ohne Stress die wunderschönen Schlösser an der Loire besichtigt. Weiter gefahren an die Küste und gemütlich nach Westen gezuckelt, mal hier mal dort einen Tag geblieben, bis zur spanischen Grenze. Dann kommen erst einmal die Ausläufer der Pyrenäen, viel auf und ab, die Ente hat ganz schön gedröhnt. Auch die nun folgende Küstenregion in Nordspanien ist bergig, aber landschaftlich äußerst reizvoll. Links ein fantastisches Mittelgebirge, rechter Hand die manchmal wilde Biskaya. Highlights waren: San Sebastian (bask. Donostia) und Bilbao und die kleineren Küstenorte im Grünen mit kleinen Sand¬stränden und nur spanischen Touristen. Bei La Coruna wurde die Nordwestecke von Europa erreicht. Man wendet sich nach Süden und erreicht bald das Kap Finisterre, von dem noch die alten Römer glaubten es sei das Ende der Welt. Von nun an lief die Tour nach Süden über die Jakobs-Stadt Santiago de Compostela bis zur portugiesischen Grenze. Erste große Stadt in Portugal ist Porto an den Ufern des tief ins Gebirge eingeschnittenen Douro. Kühne Brücken überspannen in Porto das Douro-Tal, eine der Brücken wurde von einem Monsieur Gustave Eiffel konstruiert, die Verwandtschaft zu seinem Turm in Paris ist auffällig. Von hier aus bin ich zunächst ins Gebirge gefahren. Ich hatte vorher nicht geahnt, dass Portugal so gebirgig ist; die Serra Estrela ist bis zu zweitausend Meter hoch. Ich war in Coimbra, der ältesten Universitätsstadt der Welt (das behaupten jedenfalls die Portugiesen) und bin weiter hoch gefahren ins Gebirge um dort Freunde zu besuchen. Das riesige Gebirge ist landschaftlich sehr schön und die Ente hat brav alle Steigungen und Abfahrten, alle engen Kurven geschafft; ein Lob auf den Vorderradantrieb des 2 CV. Wieder in tieferen Regionen kam Lissabon, eine wunderbare Stadt, wirklicher Mittelpunkt von Portugal, 50 Prozent aller Einwohner von Portugal leben in Lisboa bzw. in dem „Speckgürtel“ rundherum.
(Foto: Die goldene Ente von Lissabon)
Die Portugiesen sind freundliche Leute, und Lisboa ist wirklich eine Reise wert, egal ob man sich zu Fuß aufmacht, mit einer Ente, mit einem richtigen Auto oder gar fliegt. Lissabon ist nicht nur liebens-, sondern auch lebenswert! Jubel&Trubel, eine wunderschöne Altstadt und mondäne Badeorte am Atlantik direkt vor der Tür machen den Charme der Stadt aus. In allen großen Städten habe ich mein Auto abgestellt, habe Bus und Bahn (Metro, in LIS die Oldtimerstraßenbahn) benutzt und bin sehr viel zu Fuß gelaufen, man sieht einfach mehr.
Ab Lissabon weiter nach Süden, durch riesige Kiefern- und Eucalyptuswälder, mit hübschen Küstenbadeorten. Die Reise ging zunächst bis zum Kap Sao Vicente, eine verdammt windige Ecke. Es ist der sturmumwehte Südwestzipfel von Europa, Ort historischer Seeschlachten und ein riesiges Felsenplateau, das am Kap um 80 Meter steil ins Meer abfällt. Von hier sind es nur 14 km (Luftlinie) bis zum afrikanischen Festland. - Und die Ente lief und lief die Algarveküste entlang bis kurz vor die spanische Grenze, nach Monte Gordo. Das ist mein Lieblingsort an der Algarve, dort sind die Portugiesen unter sich und weil sie ja freundliche Menschen sind, dulden sie auch einen ausländischen Touristen. Ich bin hier ein paar Tage geblieben, aber dann über die mächtige Brücke über den Grenzfluss (Rio Guadiana) nach Spanien, nach Sevilla gefahren. Eine wunderschöne, schreckliche Stadt. Sie ist sehenswert, die Kathedrale, der maurische Alcazar-Palast, die großen, schattigen Parks. Aber die interessante Altstadt ist schrecklich eng, voller Touristen und schrecklich heiß. Also: zurück ans Meer, nach Cadiz und dann die Küste entlang bis nach Malaga. Ab hier wollte ich eigentlich an der Mittelmeerküste weiterfahren nach Alicante, aber meine Auto-Navigation hat mich ausgetrickst und eh ich mich versah, war ich auf der Autobahn unterwegs ins Gebirge, nach Granada. Da ich nun schon `mal auf der Autobahn war und die Ente schnurstracks lief, bin ich bis Valencia durch¬gefahren (630 km in 9 Stunden). Der Sinn stand mir nach Barcelona und deshalb bin ich auch am Folgetag über die Autobahn dorthin geflogen. Eine angenehme Stadt, eine schöne Stadt; großzügige Avenidas mit vielen Straßencafés, prachtvolle historische Bauten (auch Herr Gaudi lässt grüßen!), frische Luft vom Meer, eine Weltstadt mit Charme. - Nun ist es nur noch ein Katzensprung zur Costa Brava, das Fahren auf der Küstenstraße ist angenehm und abwechslungsreich. Ich bin bis Tossa gekommen und habe dort ein paar Tage Pause gemacht. - Dann weiter nach Südfrankreich, wieder an der Küste entlang. In Cap d` Agde wollte ich ein paar Tage bleiben und dort schlug das Schicksal zum zweiten Mal auf meine kleine unschuldige Ente ein. Gleich in der ersten Nacht wollten böse Buben das Auto klauen. Sie haben es aber nicht geschafft, denn zwischen Gaspedal und Lenkrad befindet sich nachts eine abschließbare Stahlstange. Die bösen Buben waren allerdings auch ganz pfiffig; damit das Auto an Ort und Stelle stehen bleibt und sie mit geeignetem Werkzeug in der nächsten Nacht wiederkommen können, haben sie den Starterschalter, die Scheibenwischer, beide Seitenspiegel und das Scheinwerfer-Innenleben säuberlich abgebaut. Aber ich bin auch pfiffig, ich habe das Entlein schnellstens aufladen und wegbringen lassen. Ätsch! Auch in dieser Situation war mir der ADAC wieder eine große Hilfe. Ich spreche kein Französisch, der ADAC hat von Lyon aus alles organisiert. Die Ersatzteilbeschaffung dauerte eine Woche und man hat mir Ersatzteile vom Mehari angeschraubt (die lasse ich aber noch wechseln). Nach diesem zweiten Angriff auf meine unschuldige Ente kam ich in Zeitverzug und bin auf dem direkten Weg (Autobahn) durchs Rhonetal Lyon/Dijon/Nancy/Metz/Luxemburg zurück¬gefahren nach Düsseldorf. Am 10.10.2012 abends landete ich wieder im Dorf an der Düssel. Und hier tut keiner einer Ente etwas zuleide. - Demnächst geht meine Ente zurück in die Werkstatt meines Vertrauens und da bekommt sie eine Schönheitskur mit Frischzellen.
Die Resonanz auf meine Ente war groß. „Wieso mit so einem kleinen Auto auf so eine lange Tour?“ – „Weil ich viel sehen möchte, wer langsam fährt erlebt mehr und kommt doch auch ans Ziel.“ In Portugal sah ich nicht so viele 2CV, mehr in Spanien und selbstredend die meisten im Heimatland. Dort war man direkt stolz, dass ein Alemanne mit dem Traditionsauto so weit fuhr und zeigte viel Freude und Zustimmung. Im weitesten Sinne ja auch jene `böse Buben´ - eine Ente hat in Frankreich wohl Wert. Nach bester Möglichkeit fotografierte ich unterwegs jeden 2CV. Die bemerkenswerteste Ente sah ich nun doch in Portugal, komplett goldfarben stand sie wohl als Werbefahrzeug vor einem Zigarrenladen in Lissabon.
Nun werden etliche Entenfreunde fragen: Haste die ganze Zeit in der Ente übernachtet oder haste gecampt? Nein liebe Freunde, ich habe mir immer – zu moderaten Preisen – ein Bett mit Dusche daneben und einem festen Dach darüber gesucht. Es war eine wunderbare Tour, meine Ente und ich waren so richtig glücklich, die Auto-Navigation hat sehr zu unserem Glück beigetragen. Wir würden die Tour lieber heute als morgen noch einmal machen. Wichtig ist: Nicht lange fackeln, losfahren!
Technischer Nachtrag: Gefahren 8.955 km in 86 Tagen, Verbrauch 519 Liter Super-Benzin, 1 Liter Öl.
Enno E. Senger, Düsseldorf