Düssel-Ducks Pressespiegel
Rheinische Post - 10. Juni 2003
In Xanten trafen sich am Wochenende die Freunde des Kult-Oldtimers 2CV
Enten, die kein Wasser mögen
Von Dirk Grupe
Xanten. Zu Pfingsten lernen die Enten schwimmen. Pechschwarze Wolken haben den Tag zur Nacht gemacht, Blitz, Donner und sintflutartiger Regen praselt nieder, "Entenhausen droht abzusaufen. "Wir haben Sturmwarnung, aber das wirft einen 2CV nicht um", sagt Dietrich Wolf, während das Wasser an seinem grauen Vollbart runter tropft. Der 46-Jährige gehört zu den "Düssel Ducks, einem Enten-Club aus der Landeshauptstadt. Zusammen mit 270 Nostalgikern feiern sie vor den Mauern des Archäologischen Parks Xanten das 20. Welttreffen der Freunde des 2CV. Bei Live-Musik, Entencontest und Teilemarkt huldigen sie dem Kult um das Auto mit dem Watschelgang.
"Die Ente ist ein Wagen mit Charakter", sagt Wolf und zeigt stolz auf seine bordeauxrote "Dolly", die er einst für einen symbolischen Euro erstanden hat. Einen Zweitwagen lehnt er ab, Wolf schwört auf Enten-Schräglage, Plumpsitze und Dreh-Knopf-Lüftung mit eingebautem Fliegengitter.
Das billigste Cabrio der Welt
"Ein Auto, das zwei Personen und 50 Kilo Kartoffen 60 Stundenkilometer schnell befördert und drei Liter Sprit auf 100 Kilometer verbraucht", lautete damals der Auftrag an die Ingenieure. Daraus entstand die Deux Chevaux (CV), die es schließlich mit 29 PS und einem Zweizylinder-Boxermotor von Null auf Hundert in 59,4 Sekunden schaffte. 1990 rollte das Kultauto nach 51 Jahren "Flugerfahrung" zum letzten Mal vom Band - die Zeit der Bastler brach an. "Kein Auto läßt sich so leicht umbauen wie die Ente, meint Christian Schuh. Der Mülheimer war schon beim Welttreffen vor 20 Jahren dabei - da war er vier Jahre alt. Die Eltern haben die 24-Jährigen mit dem Enten-Virus infiziert, seitdem experimentiert er mit den Dünnblechen. In Xanten zeigt er seine rot-weiß gestreifte "Mauer-Ente", wie sie einst der Vater fuhr. Da an der 2CV-Karosserie fast alles verschraubt ist, sind der Bastler-Phantasie keine Grenzen gesetzt. Beim Entencontest präsentieren sich kuriose Eigenkreationen wie die "Feuerwehr-Ente" auf sechs Rädern, die grün-weiße "Polente", Pick-Ups mit Ladefläche, Gelände-Enten oder "Federvieh" mit Mercedes-Grill. Puristen halten sich im Hintergrund, bei ihnen muss jedes Teil original sein.
Egal in welchem Kleid, Schmähungen wie "Badewanne auf Rädern" oder "rasender Clouchard" müssen Entefahrer nicht mehr erdulden. Schon beim "Dotter Debakel", der traditionellen Orientierungsfahrt, stoppen viele Autofahrer in ihren Einheits-Limousinen, schauen voller Wehmut auf die Oldtimer. "Ich hab Porschefahrer getroffen, denen schossen beim Anblick meiner Ente Tränen in die Augen", berichtet Dietrich Wolf.
Das billigste Cabrio der Welt symbolisiert noch immer Freiheit, das Savoir-Vivre und natürlich Nostalgie. Auch ein Porschefahrer war schließlich mal Student und jung. Entebesitzer halten das Rad der Zeit ein wenig an, komplexe Auto-Technik und rasende Sportwagen sind ihnen dubios. Mit Tempo 113 Spitze kommt man auch zum Ziel, irgendwann.
Für dieses Stück Vergangenheit nehmen sie Nachteile in Kauf. Als sich das Unwetter über der Entenwiese verzieht, greifen sie sie zu Bechern und schöpfen das Nass aus ihren vollgelaufenen Lieblingen - Wasser mag die Ente nämlich gar nicht.